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Gurt und Hose

Gurt und Hose

„ Auf Okinawa, schwarzer Gurt ist nur, um zu halten Hose !“ Mister Miyagi

Es ist interessant und hin und wieder ein wenig traurig, die Diskussionen zweier Themen rund um die traditionellen Kampfkünste, im diesem speziellen Fall dem Karate, zu verfolgen. Nein, in diesem Artikel geht es nicht um die dauernde Diskussion, ob die traditionellen Kampfkünste effektiv sind oder nicht. Meine Gedanken zu diesem Thema werde ich euch zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen. Heute soll es um das Thema Uniform, im besonderen um den Karate-Gi und den sagenumwobenen schwarzen Gürtel gehen. Nun, warum rede ich von interessant und traurig? Interessant finde ich, dass viele ein Problem damit haben, den Gi zu tragen, da sie ihn für ein antiquiertes Überbleibsel mit fragwürdiger Symbolik halten.

Der schwarze Gürtel jedoch wird oft beinahe fanatisch begehrt. Zum Gi hat mir zum Beispiel einmal ein Schüler gesagt, er lehne das Tragen einer Uniform ab, da er es für eine “ faschistische Versinnbildlichung der Gleichschaltung“ halte. Ich gestehe, dass ich diesen Burschen liebend gern mit meinem Gürtel aus der Halle geprügelt hätte, aber das hätte ihm dann doch irgendwie rechtgegeben.

 

Man sollte versuchen zu verstehen, dass der Gi nicht nur dazu dient, eine Gruppenzugehörigkeit zu etablieren, was meiner Meinung nach nur in seltenen Fällen des Missbrauchs negativ zu bewerten ist, sondern vielmehr als Symbol für Achtsamkeit und Fokussierung dient.

Der Gi als Symbol der Achtsamkeit und Fokussierung

Was meine ich damit? Nun, zuerst einmal hilft er mir dabei, mich von den störenden Einflüssen der Welt für eine gewisse Zeit zu befreien und mich auf das Training zu fokussieren. Man geht nun einmal nicht im Karateanzug zur Arbeit, in die Disko oder ins Restaurant, man trägt ihn zum Training und für nichts anderes. Diese Fixierung auf die Kampfkunst und ihre Ausübung ohne Ablenkung; im Unterricht zu sein – und nur dort – in diesem Moment, ist der Aspekt der Achtsamkeit, den wir mit dem Tragen des Anzugs zu unterstreichen suchen.

Der schwarze Gürtel: Ultimatives Ziel oder Etappensieg?

Für viele ist der schwarze Gürtel das endgültige Ziel in den Kampfkünsten. Wenn man Kampfkünstler danach fragt, was ihr Antrieb im Training sei, antworten viele damit, eines Tages den schwarzen Gürtel zu erlangen und Meister zu sein. Dies ist aus mehreren Gründen eine sehr eigenartige Antwort. Zwei dieser Gründe möchte ich hier ansprechen und euch näher da legen. Der erste Punkt ist, dass der schwarze Gurt und der damit einhergehende Rang eigentlich keinen Anlass gibt zu denken, hier wäre das höchste Ziel bereits erreicht. Im Karate z.B. bedeutet der Schwarzgurt bzw. der dazu gehörige Rang „Shodan“ soviel wie erstes Level oder Anfängerlevel. Aber wie kann das sein? Wie kann der so begehrte Rang als Anfängerlevel bezeichnet werden, wenn man doch jahrelang dafür gearbeitet hat? Hier kommt zunächst einmal eine Denkweise ins Spiel, die vor allem bei uns in der westlich geprägten Kultur weit verbreitet ist. Wir sind meist einfach nur zielorientiert, wir wollen ein greifbares Ergebnis und dieses steht dann für sich selbst. Der Prozess, der uns zu diesem Ergebnis geführt hat, ist uns weniger wichtig; der Weg und die Erfahrungen, die wir auf diesem gemacht haben, sind schnell vergessen. Leider ist uns auch nicht selten unwichtig, wie wir uns dabei gefühlt haben, solange wir nur das Ziel erreichen. In den östlichen Kulturen wurden die Kriegskünste nicht allein als eine Methode zur Erlangung außergewöhnlicher Fähigkeiten im Kampf angesehen, sondern auch als eine Art der Selbstentwicklung betrachtet. Als ein Weg, der eher prozessorientiert verstanden werden muss, da das Ziel hier oft in einem beinahe unerreichbaren Ideal bestand, das, wenn schon nicht zu erreichen, dann jedoch mit jedem Schritt des Weges einen besseren Menschen hinterließ als der, der einen Schritt hinter diesem lag. Übertragen auf unsere konkrete Frage, warum Anfängerlevel, lässt sich zusammenfassen: Glückwunsch, du hast die Grundlagen deiner Kunst verstanden, du hast jetzt ein Niveau erreicht, bei dem anzunehmen ist, dass du ein gewisses Verständnis für die Sache mitbringst und dazu fähig bist, ab jetzt ernsthaft zu lernen ohne selbst Schaden an Körper oder Geist zu nehmen. Willkommen zur nächsten Etappe auf deinem nie endenden Weg zur Meisterschaft. Aber ich habe euch einen zweiten Punkt angekündigt, aus dem ich der Meinung bin, die Kampfkünste einzig aus dem Grund zu betreiben, eines Tages ‚Schwarzgurt‘ zu werden sei für mich bedenklich. Der Grund ist die mangelnde Objektivität des Symbols.

Objektive Vergleichbarkeit oder was ziehe ich da eigentlich an

Die erste Frage, die einem meist gestellt wird wenn man sagt, man betreibe Kampfkunst, ist: „Welchen Gürtel hast du denn?“ Dabei könnte im Prinzip nichts unwichtiger sein, gerade wenn der Gesprächspartner aus einer anderen Kampfkunst oder einer anderen Schule kommt bzw. gar nichts mit Kampfkunst zu tun hat. In diesem Fällen ist es vollkommen gleich, welchen Gürtel man hat, man könnte genau so gut ein Wookie-Kostüm tragen.

 

Wieso derart lästerliche Aussagen? Dazu müssen wir uns die Frage stellen, wie festgelegt wird, wer welchen Gürtel tragen darf. Meist gibt es abhängig von der Kampfkunst ein Curriculum, das die abzuprüfenden Inhalte für jeden Grad vorgibt. Schön und gut, leider ist dieses Curriculum nicht nur abhängig von der Kampfkunst, sondern auch von dem jeweiligen Stil, in den diese Kunst untergliedert ist. Aber das ist noch nicht alles. Unterschiede gibt es auch nach Verbänden, Schulen, der Ideen des Meisters und der Meister, denen er oder sie folgt und so weiter. Selbst wenn wir innerhalb des Zoos von unterschiedlichen Richtlinien eine einheitliche Linie hätten, würde immer noch deren Interpretation der jeweiligen Prüfung eine Vergleichbarkeit der Gürtelträger sehr problematisch machen. Gürtel sind ein wichtiges Werkzeug im Unterricht, sie machen es für Neulinge möglich zu sehen, wen sie um Hilfe bitten können, da so leicht zu erkennen ist, wer weiter im Lehrinhalt fortgeschritten ist als man selbst. Es erleichtert es dem Lehrer, seine Schüler nach ähnlichen Leitungsstand zu sortieren, um sie mit den passenden Übungen zu versorgen, ohne andere zu über- oder zu unterfordern. Außerhalb dieses Zusammenhangs ist es wenig sinnvoll, einem Gürtel mehr als die Funktion zuzuordnen, die Hose oben und oder die Jacke zusammen zu halten.

Das, was letztlich bleibt :

Wert geben wir unserem Gürtel mit unseren Taten. Es zählt nicht, welche Farbe wir um die Hüfte tragen, sondern wie wir dieses Symbol mit Wert füllen. Das können aber letztendlich nur wir selbst, vielleicht mit Hilfe unserer Trainerinnen und Trainer. Kein Prüfer dieser Welt ist dazu in der Lage, denn die Kampfkünste sind so viel größer als das, was die Prüfungsordnung abbilden kann.

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